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Rückblick: FAMA-Messefachtagung 2024 in Köln

09.12.2024

Der Puls der Messewelt schlug im November in Köln. Erst fand hier der UFI-Kongress des Messe-Weltverbandes statt, zwei Tage darauf die Fachtagung des FAMA-Fachverband Messen und Ausstellungen.

Beide Branchentreffen zeigten: International machen der Branche der geopolitische Wettbewerb, protektionistische Tendenzen und Verwerfungen in der Handelsstruktur zu schaffen. Im Inland, das machte die FAMA-Messefachtagung deutlich, sorgen der anhaltend schwache Konsum und ein erhöhter Kostendruck vielfach für eine Bremswirkung. Speziell Publikumsmessen werden weiterhin von hoher Volatilität geprägt sein. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Suche nach neuen Erlösquellen, der Einsatz von KI und Big Data sowie das Pricing weiter an Bedeutung. Doch ebenso klar wurde: Trotz aller Technologie sind echte Erlebnisse der Mehrwert, den Menschen auf Messen suchen.

Ein Roboter, der am Messe-Eingang Auskunft gibt, virtuelle Influencer und Bots, die für die Messe werben, und Millionenumsätze aus Merchandising und medialer Vermarktung. Was wie eine SF-Vision für das Messegeschäft wirkt, ist bei einigen Messeunternehmen längst Realität: „Lionel“ zum Beispiel. Der kleine GPS-gesteuerte Roboter markiert seit 2019 die Standabmessungen in den Kölner Messehallen punktgenau mit einem Laser. Das spart Zeit, Geld und Personal. Auch ein paar Kilometer rheinabwärts, in Düsseldorf, gibt der Bot der Medica erstaunlich präzise darüber Auskunft, was auf der weltweit führenden Messe für Medizintechnik zu sehen ist. Und in Berlin war die ursprünglich rein virtuelle Miss IFA so beliebt, dass ihr lange Zeit eine echte, menschliche Miss IFA an die Seite gestellt wurde.

Drei Beispiele, die zeigen: Auch bei Messen sind autonome Systeme, automatisierte Prozesse und neue Vermarktungsformen auf dem Vormarsch. So wie bei der gamescom, dem größten Gaming-Event der Welt. Die zieht inzwischen nicht „nur“ mehr als 320.000 Besucher auf dem Kölner Messegelände in ihren Bann: Über eine halbe Milliarde Menschen rund um die Welt verfolgten im letzten Sommer die Streamings und digitalen Touchpoints der Messe. Ein Erfolg, auf den Tim Endres, Direktor der gamescom, stolz ist. Denn außer Preisen und Auszeichnungen wie dem UFI-Award 2023 bringt das der Messe auch viel Zählbares ein: „Ein 30-Sekunden-Spot auf der gamescom-Plattform erzielt inzwischen sechsstellige Erlöse“, sagt Endres. Auch beim Merchandising mit game-scom-Sneakern, Caps und Shirts sprudeln die Umsätze und bewegen sich in siebenstelliger Größenordnung. Umsätze, von denen kleine und mittlere Messeunternehmen nur träumen können.

Publikumsmessen geprägt von hoher Volatilität
Deren Geschäft ist anders: regionaler, rustikaler, weniger digital, demographisch diverser – und trotzdem erfolgreich. Insgesamt 3,9 Millionen Besucherinnen und Besucher zählten die 132 regionalen Fachbesucher- und Publikumsmessen im Jahr 2023 in Deutschland. Eine erstaunlich stabile Zahl. Rund 36.000 Unternehmen beteiligten sich an den Veranstaltungen zwischen Rostock, Mannheim und Villingen-Schwenningen. Für das laufende Jahr rechnet der AUMA in vorläufigen Zahlen mit einem stabilen Wert bis hin zu einem leichten Plus bei Ausstellern, Besuchern und vermieteter Standfläche.

„Inzwischen liegen wir in der Summe wieder auf dem Niveau vor Corona“, sagt Henning Könicke, der Vorstandsvorsitzende des FAMA. Damit habe sich dieser Messebereich schneller erholt als das internationale Business. Jedoch dürfe der Durchschnittswert nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Einzelergebnisse zum Teil deutlich vom Mittelwert abweichen. Das unterstreicht Hendrik Hochheim, Leiter Messen Deutschland im AUMA, dessen Verband das B2C-Forum der Messefachtagung unterstützt: „Die Volatilität hat deutlich zugenommen, den Mittelwerten liegen Varianzen von bis zu 60 Prozent zugrunde.“ Speziell konsumnahe Klassikerthemen wie Wohnen, Auto und Bauen erweisen sich derzeit als herausfordernd – doch selbst dort gibt es Ausreißer nach oben, weiß Könicke.

Messen mit emotionalem Mehrwert gefragt
Erwartete Emotionen geben oft den Ausschlag für die Besuchsentscheidung. Darauf verweist Sven Prüser. Er hat im Auftrag des FAMA eine Studie zum Pricing und zur Preisbereitschaft erstellt. Erste Vorab-Ergebnisse präsentierte er auf der FAMA-Tagung. Das Ergebnis: Vermeintlich signifikante Faktoren wie beispielsweise digitale Services beeinflussen die Besuchsentscheidung und Preisbereitschaft weitaus weniger als vielfach angenommen: „Besonders hoch ist die Preisbereitschaft für Messebesuche, die durch ein aktives Besuchserlebnis einen starken emotionalen Mehrwert schaffen“, sagt Prüser, der an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin lehrt. Dazu zählen außer dem aktiven Mitmachen auch Klassiker wie Produktproben, kleine Give-Aways, Geschenke und Gewinnspiele. Könicke nennt dies eine Rückbesinnung auf das, was Publikumsevents im Kern ausgezeichnet: „Besucherinnen und Besucher von Publikumsmessen erwarten einen emotionalen Mehrwert, eine gute Zeit, das Gefühl, etwas zu erleben und gut aufgehoben zu sein.“

Die kommende D-A-CH-Messefachtagung findet am 23. und 24. Juni 2025 in Berlin statt.

 
 

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