Messepolitik: Brauchen Messen ein Partnerland?

Besuchen bekannte ausländische Regierungsvertreter eine deutsche Messe, ist die Wirkung groß. Auch sonst scheint der Partnerlandgedanke nicht so angestaubt wie manche meinen.

Seit Russlands Partnerlandauftritt zur Grünen Woche 2006 ist die Präsentation des Landes von Jahr zu Jahr gewachsen. (Photo: Messe Berlin)
Seit Russlands Partnerlandauftritt zur Grünen Woche 2006 ist die Präsentation des Landes von Jahr zu Jahr gewachsen. (Photo: Messe Berlin)

Für die Kölner ist es eine Marketingfrage, ob ein Partnerland für eine Messe sinnvoll ist oder nicht. „Wenn wir uns für ein Partnerland entscheiden, sehen wir in diesem Land noch großes neues Potenzial für die Messe“, argumentiert Katharina Hamma. „Durch den Partnerland-Status kommen mehr Aussteller aus diesem Land zur Messe“, so die Geschäftsführerin der Koelnmesse. „Und wir intensivieren unsere Beziehungen zu der jeweiligen Branche des Landes.“ Ein interessantes Partnerland schafft eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit, besonders wenn damit gemeinsame Ereignisse und Aktionen verbunden sind. „Davon profitiert die Messe genauso wie die Aussteller aus dem Partnerland“, betont Hamma. Außerdem eröffnen oder besuchen oft hohe Regierungsvertreter des ausgewählten Landes die Veranstaltung. „Das sorgt natürlich für ein großes Medienecho und bringt der Messe zusätzliche Aufmerksamkeit.“ Vor allem den Messen, die ansonsten nicht so stark im Rampenlicht stehen, kommt das zu Gute. Für alle anderen ist es ein zusätzliches Plus (www.koelnmesse.de).

Für die Messe Frankfurt sind Partnerländer absolut zeitgemäß. „Im vergangenen Jahr konnten wir beispielsweise die französische Ministerin für Handwerk, Handel und Tourismus begrüßen“, verweist Geschäftsführer Detlef Braun auf den Auftritt des Partnerlands Frankreich bei der Ambiente 2013. „Sie eröffnete zusammen mit dem damaligen Bundeswirtschaftsminister die Messe.“ In diesem Kontext werden daher auch wirtschaftspolitische Gespräche mit Tragweite geführt. „Das ist die politische Dimension eines Partnerlandauftritts“, beschreibt Braun. Auch die Außenwirkung stellt einen immens wichtigen Faktor dar. Den Ausstellern aus dem Partnerland hilft das Medieninteresse, bestätigen die Frankfurter. Dieses Interesse wird mit prominenten Gästen aus Politik und Unterhaltung gezielt verstärkt. Vielfach ist mit dem Partnerlandgedanken nicht nur ein Einmaleffekt verbunden. „Von den zusätzlichen Ausstellern, die wir dadurch gewinnen, entscheiden sich einige natürlich auch weiterhin für die Ambiente“, führt Detlef Braun nochmals die weltgrößte Konsumgütermesse an. „Und es erscheinen neue Besucher.“ Sie nehmen ein Partnerland zum Anlass, erstmals zu einer Messe zu gehen und dann regelmäßig wiederzukommen“ (www.messefrankfurt.com).

Werner Matthias Dornscheidt: Die Messe Düsseldorf sieht die "Einrichtung Partnerland" als Export-Instrument. (Photo: Messe Düsseldorf)
Werner Matthias Dornscheidt: Die Messe Düsseldorf sieht die "Einrichtung Partnerland" als Export-Instrument. (Photo: Messe Düsseldorf)

Von den Veranstaltungen der Messe Düsseldorf an ihrem Heimatstandort hat aktuell nur die Messe A+A ein Partnerland. Den Auftakt machte 2009 Russland, es folgten Polen (2011) und die Türkei (2013). Im Jahr 2015 wird Südkorea das Partnerland der A+A sein. „Ziel ist es dabei, den Markt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit im jeweiligen Land besonders zu durchleuchten und herauszustellen“, erklärt Werner Matthias Dornscheidt. „Dazu wurden jeweils Marktgespräche für Aussteller, Verbände und Behörden organisiert“, berichtet der Vorsitzende der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf. „Dabei ging es um Themen wie Marktzugang, Standardisierungen oder gesetzliche Vorschriften.“ Die Einrichtung „Partnerland“ sehen die Düsseldorfer als Service- und Exporthilfe-Instrument für Aussteller und Besucher. Aus der Partnerschaft mit der Türkei zur A+A 2013 resultierte ein enger Kontakt mit dem türkischen Ministerium für Arbeit und soziale Sicherung. „Dadurch wurde ein internationales Gemeinschaftsprojekt auf den Weg gebracht“, freut sich Dornscheidt über die neue Messe für Schutz und Gesundheit am Arbeitsplatz, TOS+H Expo, im Mai 2014 (www.messe-duesseldorf.de).

Hannover Messe 2014: Angela Merkel und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. (Photo: Deutsche Messe)
Hannover Messe 2014: Angela Merkel und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. (Photo: Deutsche Messe)

Die Messe München hält das Partnerland-Konzept in Einzelfällen für sinnvoll. „Insbesondere wenn es darum geht, Schwellenländer oder neue Märkte für unsere Aussteller zu erschließen“, begründet Eugen Egetenmeir. „Dabei kann es sehr hilfreich sein, auch über Regierungsstellen dieser Länder ein breit gestreutes Interesse zu erreichen“, beschreibt der Geschäftsführer der Messe München. „Und Wirtschaftsdelegationen nach München zu holen.“ Sehr erfolgreich war dies bei der bauma 2013, die Indonesien als Partnerland hatte, erinnert sich Egetenmeir: „Dabei war ein sprunghafter Anstieg der Besucherzahlen aus der Bau- und der Bergbauindustrie zu verzeichnen.“ Indien war das Partnerland der bauma 2010. Es gab sowohl damals als auch bei der Folgemesse 2013 steigende Aussteller- und Besucherzahlen vom Subkontinent. Die Auswahl Indiens als Partnerland erfolgte seinerzeit aus strategischen Gründen – zur Etablierung der Baumaschinenmesse bC India, die im Jahr 2011 erstmals in Mumbai stattfand (www.messe-muenchen.de).

 
 
 
 

Wolfram von Fritsch sieht im Partnerland-Konzept auch in Zeiten hoher Digitalität ein Erfolgsmodell. Der Vorstandschef der Deutschen Messe verweist auf die unlängst zu Ende gegangene Hannover Messe mit dem diesjährigen Partnerland Niederlande. „Das jeweilige Land kann sich facettenreich mit seinen Stärken präsentieren“, so von Fritsch. „Wir erkennen sehr positive Effekte bei der Besucherzahlentwicklung aus den Partnerländern, ebenso wie bei der Zahl der Aussteller.“ Für ihre großen Messen wollen die Hannoveraner auf jeden Fall daran festhalten. Bei CeBIT und Hannover Messe stimmen sie die Auswahl der Partnerländer auch mit der Bundespolitik ab. Zudem hat die jeweilige Unterstützung im Partnerland durch den Staatschef eine große Bedeutung. Schließlich bedeutet das für die Wirtschaft in dem betreffenden Land ein wichtiges Signal. Es gibt Beispiele, bei denen der Partner dauerhaft auf höherem Niveau vertreten ist. „Beeindruckend war in diesem Jahr Polen auf der CeBIT, das Partnerland des Vorjahres“, lobt Wolfram von Fritsch. „Das Land hatte zahlreiche Außenwerbeflächen genutzt, um so noch ein Jahr später auf sich aufmerksam zu machen“ (www.messe.de).   

Detlef Braun von der Messe Frankfurt: Einige neu gewonnene Aussteller aus dem Partnerland bleiben treu. (Photo: Messe Frankfurt)
Detlef Braun von der Messe Frankfurt: Einige neu gewonnene Aussteller aus dem Partnerland bleiben treu. (Photo: Messe Frankfurt)

Auch die Messe Berlin bestätigt den längerfristigen Effekt. „Folgeauftritte des Landes sind fast immer garantiert und größer als vor der Messebeteiligung als Partnerland“, weiß Unternehmenssprecher Michael Hofer und fügt exemplarisch Russland an. Seit dessen Partnerlandsauftritt zur Internationalen Grünen Woche 2006 ist die Standfläche und Präsentation des Landes von Jahr zu Jahr gewachsen.“ Partnerländer stehen klar im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und werden medienwirksam repräsentiert. Darüber hinaus kann das Land innerhalb der offiziellen Rahmenveranstaltungen der Messe viel Eigenmarketing betreiben. „Kürzlich präsentierte sich beispielsweise Mexiko als Partnerland der ITB Berlin 2014“, erklärt Michael Hofer. Den Besuchern wurde Lust auf ein kultiviertes, modernes und vielfältiges Mexiko gemacht. Und: Dass ein Land in relativ kurzer Zeit bei verschiedenen Messen als Partnerland auftritt, ist keine Seltenheit – „wenn das jeweilige Land die positive Wirkung nicht nur als nachhaltig erfahren hat, sondern diese Wirkung noch weiter verstärken will“ (www.messe-berlin.de).

Bei der Nürnberger BioFach, der weltweit führenden Messe für Bio-Lebensmittel, sind Partnerländer als „Land des Jahres“ gute Tradition. „Das Land des Jahres zeigt sein Angebotsspektrum dem größten Branchen-Fachpublikum“, erläutert Udo Funke. „So erschließt es sich vielfältige Exportmöglichkeiten“, sagt der Veranstaltungsleiter der BioFach. Die Vernetzung von Angebot und Nachfrage ist ein zentrales Anliegen bei der Auswahl eines Landes. Nach wie vor kann etwa in Deutschland die Nachfrage nach Bio nicht aus dem heimischen Markt gedeckt werden. „Ein Land und seine Produzenten in den Fokus eines internationalen Branchentreffs zu stellen, ist ein guter Weg, um Märkte zusammenzuführen“, betont Udo Funke. Zudem steigt im Partnerland selbst die positive Wahrnehmung von Bioprodukten, angefangen vom Anbau bis hin zum Endverbraucher. Manche Länder koppeln ihren Auftritt zudem mit einer touristischen Komponente. Indien stellte sich 2012 in ganz Nürnberg mit Werbeplakaten als Reisedestination dar. Alternativ zu einem Land kann auch ein Thema in den Fokus gestellt werden (www.nuernbergmesse.de).

 
 

Autor: Peter Borstel

Dieser Artikel ist erschienen in TFI Heft 3-4/2014

 
 

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