90 Jahre UFI: Zurück in die Zukunft

Der Weltmesseverband tagt mit seinem Kongress am Gründungsort von 1925 in Mailand (4. bis 7. November). Paul Woodward gibt den Geschäftsführerstab an Kai Hattendorf weiter. Beide äußern sich im gemeinsamen Interview.

Ein gemeinsames Selfie: Kai Hattendorf (l.) folgt auf Paul Woodward als Geschäftsführer des Weltmesseverbandes UFI. (Photo: UFI)
Ein gemeinsames Selfie: Kai Hattendorf (l.) folgt auf Paul Woodward als Geschäftsführer des Weltmesseverbandes UFI. (Photo: UFI)

Paul, wie ist der Rückblick nach fünf Jahren als UFI-Geschäftsführer?

Nun, ich habe von meinem Vorgänger Vincent Gérard eine runderneuerte und bestens aufgestellte Organisation übernommen. Für mich war wichtig, das weltweite Profil der Messewirtschaft und die großen Stärken unserer Branche zu kommunizieren. Persönlich hatte ich mein halbes Leben in Asien verbracht, kam nach Europa zurück und musste nun eine globale Perspektive einnehmen. Dabei habe ich sehr viel Zeit im Flieger verbracht.

Kai, was werden die Herausforderungen für den neuen UFI-Geschäftsführer in den nächsten fünf Jahren sein?

Ich besitze leider keine Kristallkugel mit der sich die Zukunft voraussagen lässt. Prognosen lassen sich nur für einen begrenzen Zeitraum machen. Eines aber scheint sicher: Unsere Branche wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren einen schnelleren Wandel erleben als in den letzten fünfzig Jahren. Dabei möchten wir unseren Mitgliedern bestmögliche Hilfestellung leisten, damit sie diesen Prozess meistern. Persönlich wird für mich die neue Aufgabe sicher mit einer spürbaren Zunahme meiner Fernreiseaktivitäten verbunden sein.

Welchen Themen dürften verstärkt relevant werden?

Paul: Nehmen wir die Digitalisierung. Da befinden wir uns erst am Anfang eines Weges. Das bedeutet nicht, dass dadurch eine existenzielle Bedrohung für die Messewirtschaft entsteht, aber Anpassungsbedarf. Oder wir beobachten, dass sich Aussteller in Europa anders als früher stärker auf Schlüsselmärkte wie Deutschland konzentrieren. Messen in kleineren Ländern müssen darauf Antworten finden.

Kai: Ein anderes Beispiel sind die Human Resources. Unsere Branche muss sich die Frage stellen, wie sie jüngere Leute und die nächste Führungsgeneration gewinnen kann. Oder nehmen wir Green Events, die immer mehr Bedeutung erlangen.

Als die UFI halb so alt wie heute war: Seminar in Verona im Jahr 1970. (Photo: UFI)
Als die UFI halb so alt wie heute war: Seminar in Verona im Jahr 1970. (Photo: UFI)

Was kann die UFI da für ihre Mitglieder leisten?

Kai: Was grüne Ereignisse angeht, hat die UFI vor fünf Jahren die Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit ins Leben gerufen. Da gibt es sehr gute und wertvolle Erkenntnisse, die wir Mitgliedern gerne zur Verfügung stellen. Ähnliche Einblicke haben andere Arbeitsgruppen erarbeitet.

Paul: Letztlich geht es darum, dass unsere Mitglieder hochwertige Dienstleistungen auf einem Top-Level abliefern. Gerne stellen wir als Verband unsere Expertise zur Verfügung. Mindestens genauso wichtig ist der Know-how-Transfer untereinander. 

Wir reden also vom Netzwerken, welche Rolle spielen da die UFI-Veranstaltungen?

Kai: Eine äußerst wichtige Rolle. Die UFI-Mitgliedschaft verleiht ihrem Inhaber nicht automatisch magische Kräfte. Jeder kann sich auch aktiv einbringen, Kontakte knüpfen und sich austauschen. Großartig an der Messebranche ist, dass wir es gerade auf globalem Level kaum mit unmittelbarer Konkurrenz zu tun haben. Der chinesische Betreiber eines Messezentrums konkurriert nicht mit seinem französischen Kollegen. Die Teilnehmer an den UFI-Events sind daher sehr offen, ihr Know-how zu teilen.

Paul: Wir arbeiten ja auch seit Jahren an unseren Formaten, um noch mehr Networking zu ermöglichen. Allerdings muss es immer einen Mittelweg geben, denn die Mitglieder sind unterschiedlich. Da gibt es welche, die bei den UFI-Veranstaltungen alles beibehalten wollen und andere, die möglichst alles verändern möchten. Und wir dürfen eines nicht vergessen: Unsere Tagungen werden in Englisch abgehalten. Für 90 Prozent unserer Mitglieder ist Englisch aber nur die Zweitsprache. Deshalb funktionieren nicht alle gut gemeinten interaktiven Elemente wie etwa bei einem amerikanischen Verbandskongress, wo alle in ihrer Muttersprache kommunizieren. Das ist ein bisschen der Preis dafür, dass wir in nahezu allen messerelevanten Regionen der Welt vertreten sind. Allein aus Asien stammen ein Drittel unserer Mitglieder.

In Kürze steigt der UFI-Kongress in Mailand. Was dürfen wir erwarten?

Paul: Wir kommen zurück zu den Wurzeln. Vor neunzig Jahren, 1925, wurde die UFI in Mailand gegründet. Aber natürlich hat diese Tatsache für die Teilnehmer nur einen begrenzten Wert. Aus diesem Grund widmen wir uns zukunftsrelevanten Themen. Der Eröffnungsvortrag blickt beispielsweise in die Welt des Jahres 2030. Und: Ganz praktische Anschauung leistet unser Partner Fiera Milano, der den Kongress nachhaltig durchführend möchte.

Kai: Wir werden auch organisatorisch etwas verändern. Früher gab es am ersten Tag UFI-interne Meetings wie Arbeitsgruppen und die sehr beliebten Special-Interest-Gruppen. Und dann wurde am Nachmittag der Kongress eröffnet. Jetzt fangen wir schon am Morgen an zu tagen und nachmittags wird das Auditorium aufgelöst – es gibt acht Special Interest-Gruppen zu unterschiedlichen Themen. Wir glauben, dass da für jeden Teilnehmer etwas Interessantes dabei ist.

Welche Zukunft haben die UFI und das Medium Messe?

Kai: Messen wird es auch in Zukunft immer geben, trotz des Wandels hin zu digitalen Marketing-Instrumenten. Diese Prognose lässt sich nicht zuletzt aus den Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise von 2008/2009 ableiten. Damals haben Aussteller zum Teil ihre Marketingbudgets gekürzt, aber nicht auf Messen verzichtet – weil sie dort die beste Gelegenheit gesehen haben, ihre Kunden zu treffen.

Paul: Die UFI wird nicht mehr so schnell wachsen wie im letzten Jahrzehnt – weil die meisten führenden Messeunternehmen rund um den Globus bereits Mitglied sind. Aber sie wird aufgrund der zunehmenden Qualität ihrer Angebote noch bedeutsamer werden (www.ufi.org). 

Autor: Peter Borstel

Dieser Artikel ist erschienen in TFI Heft 5/2015

 
 

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