Mit abgedrehten
Erfindungen eines Daniel Düsentrieb ließe sich in den Veranstaltungshallen riesige
Aufmerksamkeit erzielen. Doch Forschung auf Messen ist mehr als nur ein PR-Gag.
Für die deutschen Messeveranstalter geht es beim Thema Forschung nicht um einen einmaligen Aha-Effekt. „Wir möchten den Blick über den Tellerrand hinaus fördern“, erklärt der private Messeveranstalter Paul Eberhard Schall. „Enge Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Institutionen stellen ein wesentliches konzeptionelles Element für technische Fachmessen dar.“ Mit der Beteiligung von Universitäten, Technischen Hochschulen und Instituten werden Forschungsvorhaben und Forschungsergebnisse in die Branche gebracht. „Damit unterstützen wir die schnellere, zielgerichtete Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte“, bekräftigt Schall.
Das
Messeunternehmen P.E. Schall bindet Forschungspartner in Sonderschauen,
Technologieparks, Ausstellungsflächen, Vortragsreihen und Foren ein. „Die
technischen Branchen und damit auch die Anbieter von Investitionsgütern sind forschungsaffin“, weiß Paul Schall. „Zudem arbeiten
wir öfters mit Ministerien und mit EU-Organisationen zusammen.“ Das geschieht unter
anderem, wenn es um die Einführung und Propagierung industrienaher
Forschungsvorhaben geht. Ein weiteres Feld ist die Hilfestellung bei der
Erfüllung nationaler und internationaler Vorgaben – beispielsweise bei
Ressourcen- und Energieeffizienz oder dem Arbeits- und Umweltschutz (www.schall-messen.de).
Für den Messeplatz München wird Forschung als essenziell angesehen. „Vor allem, weil wir unsere Messen stark auf Zukunftsthemen ausrichten“, sagt Klaus Dittrich. „Forschungsprojekte bieten eine wichtige Ergänzung zu den ausstellenden Unternehmen“, beschreibt der Vorsitzende der Geschäftsführung der Messe München. „Weg von der kommerziellen Seite, hin zu den Technologien der Zukunft.“ Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer Institut sind auf einem Großteil der Messen in München vertreten. Je technologischer eine Veranstaltung ist, desto forschungsgetriebener zeigt sie sich.
Doch egal, ob Technologie-, Investitions- oder Konsumgütermessen – alle führenden Veranstaltungen der Messe München arbeiten mit Forschungsorganisationen zusammen. Ein Beispiel lieferte gerade die „Bau 2015“. Auf der weltweit wichtigsten Messe für Architektur, Materialien und Systeme zeigten sich die 17 Forschungsinstitute der „Fraunhofer-Allianz Bau“. Die Beteiligung der Fraunhofer-Allianz Bau war Teil der Gesamtinitiative „intelligent urbanization“ der Messe München. Deren Ziel ist es, unterschiedlichste Interessengruppen zu vernetzen, um den Megatrend Urbanisierung gemeinsam zu gestalten (www.messe-muenchen.de).
Die Messe Düsseldorf sieht den Hauptgrund zur Zusammenarbeit mit der Forschung darin, ihren Kunden hochwertige, interessante Veranstaltungen zu bieten. „Aber sicher verschweigen wir keinesfalls ein interessantes Rahmenprogramm, das von herausragenden Wissenschaftseinrichtungen gestaltet ist“, nennt Düsseldorfs Messechef Werner Matthias Dornscheidt augenzwinkernd einen Nebeneffekt. „Unsere Messen sollen immer einen Blick in die Zukunft einer Branche zu ermöglichen“, bestätigt er. Besonders deutlich wird dies bei der Kongressmesse Energy Storage. „Durch die enge Verzahnung von Konferenz und Ausstellung ist es für die Teilnehmer möglich, sich wissenschaftlich auf den neuesten Stand zu bringen“, so Dornscheidt. „Und gleichzeitig können sie die wirtschaftlichen und politischen Diskussionen rund um den Markt der Energiespeicherung auf allen Ebenen verfolgen.“
Dagegen spielt Forschung bei Konsumgütermessen für die Düsseldorfer meist nur indirekt eine Rolle – wenn Forschungsergebnisse in die ausgestellten Produkte eingeflossen sind. So kommt es natürlich vor, dass Aussteller mit ihrem Exponat die Forschungsergebnisse zeigen, die der Entwicklung des Produkts zu Grunde liegen. „Etwa, wenn sie ein neues Hilfsmittel auf der Rehacare präsentieren“, sagt Werner Matthias Dornscheidt (www.messe-duesseldorf.de).
Die Leipziger Messe hält eine Zusammenarbeit von Forschung und Investitionsgüterbranchen beiderseitig für zielführend. „Universitäten und Institute werben in der Industrie die Drittmittel für Projekte ein“, weiß Martin Buhl-Wagner. „Oder sie möchten Industriepartner für die Umsetzung ihrer Entwicklungen gewinnen“, erklärt der Geschäftsführer der Leipziger Messe. „Für die Industrie sichern die Kooperationen nicht nur wichtiges Know-how, sondern senken zugleich eigene F+E-Kosten.“ Davon profitieren Fachmessen. Schließlich sind sie eine ideale Plattform für Forschungseinrichtungen, um Kompetenz nachzuweisen und Industriepartner zu finden. „Und die Industrie erhält Eindrücke, wohin sich zum Beispiel Technologien und Werkstoffe künftig entwickeln“, fügt Buhl-Wagner hinzu.
Auf der OT World – der internationalen Fachmesse und Weltkongress für Orthopädie und Rehatechnik – gibt es einen eigenen Ausstellungsbereich Forschung und Entwicklung. Hier präsentieren sich Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Dienstleister mit aktuellen Projekten ganz gezielt dem Fachpublikum. Auch der Leipziger Tierärztekongress steht für diese Art der Zusammenarbeit. Mitveranstalter ist die Veterinärmedizinische Fakultät der Uni Leipzig, eine bedeutende Forschungseinrichtung. „Gemeinsam mit Industriepartnern und Ausstellern entwickelt sie neue Tierarzneiprodukte und führt Studien zur Zulassung durch“, erläutert Martin-Buhl-Wagner. „Die Erkenntnisse werden im Kongress diskutiert“ (www.leipziger-messe.de).
Für die Hamburg Messe heißt Forschung auch Marktforschung. Auf diesem Feld haben die Hanseaten vor vielen Jahren bei der Internorga ein Projekt gestartet: „Investitionen und Trends in der Gemeinschaftsverpflegung“. Der Wissenschaftler Wolfgang Irrgang legte dafür die Studie „GV Barometer“ auf, die heute zu den wichtigsten Trendstudien in der Gemeinschaftsverpflegung zählt. „Den Ergebnissen räumen Fach- und Wirtschaftspresse jedes Jahr großen Raum ein“, freut sich Karsten Broockmann. „Generell bietet Forschung auf Messen für die Veranstalter die Gelegenheit, sich als innovativer Partner der Branche zu präsentieren“, sagt der Unternehmenssprecher der Hamburg Messe. Das gelingt auch mit der Vergabe von Awards.
Dabei sehen auch
die Hamburger die Investitionsgütermessen für das Thema Forschung „auf jeden
Fall als geeigneter“ an, weil die Zielgruppe stimmt. „Forschungsinstitute
finden auf Investitionsgütermessen ein interessiertes Publikum und ein gutes
Umfeld für Forschungsmarketing und Auftragsforschung vor“, begründet Karsten
Brookmann. „Streuverluste gibt es praktisch nicht“ (www.hamburg-messe.de).
Als Treffpunkt für Additive Fertigung und 3D-Druck nimmt die Rapid.Tech
seit über einem Jahrzehnt eine international wichtige Stellung ein. 2015
präsentiert sich die Veranstaltung am 10. und 11. Juni in Erfurt mit
optimierter Kongressstruktur: Neue Themenfelder, visionäre Aus- und Einblicke, zudem
noch mehr Information sollen die Attraktivität der Kongressmesse für Teilnehmer
und Aussteller erhöhen. „So wird es unter anderem erstmals eine rein
wissenschaftliche Sektion geben“, berichtet Wieland Kniffka, Geschäftsführer der
Messe Erfurt. Diese zweitägige Tagung ergänzt das bisherige Kongressprogramm.
Im Mittelpunkt dabei stehen Vorträge zu Themen wie Werkstoffe und
Qualitätssicherung. Premiere hat bei der kommenden Rapid.Tech das Vordenker-Forum „Vision 3D“. Es beinhaltet nicht Zukunftskonzepte, sondern präsentiert auch
zukunftsträchtige Anwendungen und visionäre Ansätze von Additiver Fertigung an
praktischen Beispielen. Es gibt wohl keinen Technologiebereich, der sich so
dynamisch entwickelt wie Additive Manufacturing und 3D-Druck, hebt die Messe
Erfurt hervor. „Und es existiert wohl auch keine Branche, die diese Verfahren
nicht nutzen kann, um Kosten zu reduzieren und die Produktivität zu erhöhen
(www.messe-erfurt.de).
Autor: Peter Borstel
Dieser Artikel ist erschienen in TFI Heft 1/2015
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