Wenn deutsche
Messegesellschaften in der großen weiten Welt agieren, tun sie dies oft über eigene Firmen oder
Beteiligungen. Dabei bestehen ganz unterschiedliche Konstellationen.
Nicht alles, was im Kalender einiger deutscher Messegesellschaften selbstbewusst als Auslandsveranstaltung bezeichnet wird, ist tatsächlich eine. Gerne werden auch die durchgeführten deutschen Gemeinschaftsauftritte als eine Art eigene Messe dargestellt – meist versehen mit einem Sternchen. Weiter unten steht dann das Kleingedruckte und es erfolgt die Erklärung, worum es sich tatsächlich handelt. Der Messeverband AUMA listet für dieses Jahr rund 315 „richtige“ deutsche Auslandsmessen auf, an denen deutsche Organisatoren maßgeblich beteiligt sind – wobei auch hier die Intensität der Beteiligung durchaus große Unterschiede aufweist. Zwei Drittel der Veranstaltungen finden in China, Russland, Indien der Türkei und den USA statt. Insgesamt decken AUMA- und FAMA-Mitglieder mit ihren Messen rund 35 Länder ab.
Wie
bei der Umsetzung von Messeprojekten vorgegangen wird, hängt von der
Branchensituation und vom jeweiligen Markt ab. Ein Beispiel liefert die in der
Organisation von Auslandsmessen zurückhaltend agierende Messe Berlin. Für den
Asienableger ihrer Messe Fruit Logistica hat sie Mitte des letzten Jahrzehnts
ein Joint Venture gegründet: Global Produce Events. Daran sind die Berliner mit
70 Prozent beteiligt. Die restlichen Anteile besitzt Fruitnet, ein in
Großbritannien ansässiges Unternehmen, das innerhalb der Branche über Veranstaltungs-,
Medien-, und Asienkompetenz verfügt. Dagegen agiert die Messe Berlin in
Singapur bei der Ausrichtung der Tourismusmesse ITB Asia mit einer
hundertprozentigen, gleichnamigen Tochtergesellschaft (www.messe-berlin.de).
In
der Vergangenheit sind solche Tochterfirmen deutscher Messegesellschaften
häufig selbst gegründet worden. Das war auch eine schüchterne Antwort darauf,
dass die kommunalen Eigner in früheren Jahren dem Auslandsgeschäft recht
skeptisch gegenüber standen – mit Messen in Fernost lässt sich im deutschen
Wahlkampf eben nur bedingt punkten, so der Glaube. Längst ist das vorsichtige
Agieren in der Ferne in eine offensivere Strategie umgeschlagen. Mittlerweile
sind öffentliche deutsche Messegesellschaften des Öfteren mit dem Scheckbuch
auf Reisen. Bereits Anfang des Jahrtausends erwarb die Messe Frankfurt die
Messegesellschaft Epoc in Dubai, die seitdem als Tochter fungiert. Damit wagten
sich Frankfurter auf neues Terrain, erwarben die Schutz- und Sicherheitsmesse
Intersec. So erhielt die sogenannte „Brandnamestrategie“ eine ganz neue
Facette. Die Messe Frankfurt ging damit erstmals mit einem Thema in fremde
Märkte, das nicht daheim angesiedelt war. Mittlerweile führen die Frankfurter
eine ganze Reihe von Sicherheitsmessen weltweit durch – und sie haben sich ihr
Veranstaltungsprogramm durch weitere Käufe gestärkt (www.messefrankfurt.com).
Die
NürnbergMesse hat sich ebenfalls mit einem Kauf den Zugang zu einem neuen Markt
verschafft. Das war 2009: Seinerzeit kauften die Franken ihre heutige
brasilianische Messetochter, deren Veranstaltungen zum heimischen Messeprogramm
passten. Aus Nielsen Business Media wurde die NürnbergMesse Brasil. Anders war
das Vorgehen in Indien, wo 2013 eine Tochter gegründet wurde. Dabei wurde die
Messeverantwortliche der deutschen Außenhandelskammer als Geschäftsführerin
eingesetzt – mit ihr hatten die Nürnberger bereits zuvor auf dem indischen
Markt zusammengearbeitet (www.nuernbergmesse.de).
Das
Auslandmesseprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums ermöglicht besonders kleinen
und mittelständischen Unternehmen, sich auf Gemeinschaftsständen zu günstigen
Konditionen an Auslandsmessen zu beteiligen. Diese Beteiligungen im Rahmen des
Auslandsmesseprogramms des Bundeswirtschaftsministeriums sind ein wichtiger
Eckpfeiler der deutschen Exportunterstützung. Zu diesem Ergebnis kommt eine
aktuelle Umfrage durch das Marktforschungsinstitut TNS Emnid, die der AUMA
veröffentlicht hat. Befragt wurden Aussteller des Auslandsmesseprogramms in den
Jahren 2012 und 2013. Rund 87 Prozent der teilnehmenden Unternehmen haben durch
das Auslandsmesseprogramm ihren Export steigern oder sichern können. Kleine und
mittelständische Unternehmen erzielten 2013 durch die Messebeteiligung im
Bundesprogramm insgesamt 5,4 Milliarden Euro Exportumsatz. Die Studie zeigt
außerdem, dass mitmachenden Firmen einen Exportanteil am Gesamtumsatz von 56 Prozent
haben – eine deutlich höhere Quote, als sie von ausstellenden Unternehmen in Deutschland
ohne Unterstützung durch das Auslandsmesseprogramm erzielt wird. Generell liegt
der Anteil des Exportumsatzes deutscher Aussteller nach einer repräsentativen
Befragung bei durchschnittlich 31 Prozent. Die Exportmärkte der befragten
Aussteller sind weitgehend identisch mit den regionalen Schwerpunkten des
Auslandsmesseprogramms. Zu einem großen Teil sehen die Teilnehmer ihre neuen
Märkte in den BRIC-Staaten. Zur Erschließung dieser Märkte wollen 81 Prozent
der Befragten das Marketinginstrument Messe nutzen. Und: 83 Prozent der
teilnehmenden Firmen sind kleine oder mittelständische Unternehmen mit weniger
als 500 Mitarbeitern. Im Durchschnitt beteiligt sich ein Aussteller an 2,25
Gemeinschaftsbeteiligungen pro Jahr (www.auma.de).
Autor: Peter Borstel
Dieser Artikel ist erschienen in TFI Heft 2/2015
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